Der "nicht eingetragene Verein" - das unbekannte Wesen...
#11

Hallo,

ich möchte noch mal kurz auf meinen Eingangsbeitrag zurückkommen, weil Dieter ("Jupiter01AC"Wink da vielleicht einiges missverstanden hat.


Lieber Dieter,

Du schreibst u.a.:
Zitat:Ich rede die ganze Zeit vom einem Idealverein und
nicht von Parteien,
nicht von Gewerkschaften,
nicht von religiöse Vereinigungen,
nicht von Sportgemeinschaften, die irgendwann Ende des 17ten Anfang des 18ten Jahrhundert gegründet wurden
und auch nicht von Traditionsgesellschaften, die auch irgendwann im 17ten oder 18tes Jahrhundert gegründet wurden.
Wie kommst Du auf "Parteien" oder "Traditionsgesellschaften" aus grauer Vorzeit? Wir reden hier von den Rechten nicht eingetragener Vereine in der Gegenwart.


Zitat:Du schreibst: Anfang Zitat (Wolf)
Der Vorstand hat beim nicht eingetragenen Verein die Rechtsstellung eines Bevollmächtigten.
Zitat Ende (Wolf)

Diese Behauptung ist schlicht weg falsch.
Nein, das ist ganz normale gängige Rechtpraxis. Um es Dir einfacher zu machen, zitiere ich mal aus einem Kommentar, der Dir selbst vorliegt, nämlich aus Sauter/Schweyer/Waldner, "Der eingetragene Verein", 17. Auflage. Dort heißt es auf Seite 317, Randnr. 492:
"(...) Allerdings kann die Vertretungsmacht des Vorstands, der beim nicht eingetragenen Verein nicht die Rechtsstellung eines gesetzlichen Vertreters, sondern die eines Bevollmächtigten hat, dahin beschränkt werden, daß die Mitglieder nur mit ihrem Anteil am Vereinsvermögen haften. (...)


Zitat:Sie wäre richtig, wenn der Bevollmächtigte eine von jedem Mitglied erklärte Vollmacht hätte. Das heißt bei 30 Mitglieder müssen 29 Unterschriften unter dieser Vollmacht stehen. Das heißt: Jeder der Unterschrieben hat haftet als Gesamtschuldner.
Nein. Es gibt keine Rechtsnorm, die so etwas fordert. Deshalb haftet derjenige, der ein Rechtsgeschäft für einen nicht eingetragenen Verein vornimmt, ja auch mit seinem Privatvermögen.


Zitat:Du schreibst: Zitat Anfang (Wolf)
Niemand muss bei einem der Postdienstleister eine "Postanschrift beantragen".
(Die "Deutsche Bundespost" gibt's seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr ;-)

Zitat Ende (Wolf)

Versuch Du einmal einen Brief z.B. an den Verein "Der Dummkopf" an irgendeine Anschrift zu schicken wenn der Verein nicht existiert und ihn kein Mensch kennt. Zum Beispiel: An eine Anschrift in einem Hochhaus wo 50 oder noch mehr Familien wohnen. Viel Erfolg!
Hmm, ein Schild am Briefkasten könnte da vielleicht hilfreich sein ;-))

Im Ernst: Ich hatte es schon mal geschrieben - niemand kann in Deutschland bei der Post oder einem anderen Dienstleister eine "Postanschrift beantragen".

Oder meinst Du vielleicht ein Postfach? Die Einrichtung eines Postfachs müsste auch für einen nicht eingetragenen Verein möglich sein. Zumindest hat das unser gemeinsamer Freund Burkhard mit seiner nicht rechtsfähigen AGCB schon in den achtziger Jahren praktiziert:
> AGCB
> Postfach 131017
> 7000 Stuttgart 1

;-))

Zitat:Weiter schreibst Du: Zitat Anfang (Wolf)
Natürlich kann ein nicht eingetragener Verein ein Konto oder einen Kredit beantragen. Ob ein Verein auch Kredit "bekommt", liegt allein im Ermessen der Bank - egal, ob es sich um einen e.V. oder einen "nicht e.V." handelt.
Zitat Ende (Wolf)

Auch hier musst Du schon den nachvollziehbaren Beweis antreten, das ein nicht eingetragener Verein, der nach 1949 gegründet wurde, ein Konto oder einen Kredit bekommen hat. (komme nicht mit Konten oder Kredite wo jemand privat gebürgt hat.)
Auch das ergibt sich einfach aus der Rechtspraxis. Es gibt keine Rechtsnorm, die es einer Bank oder Sparkasse "verbietet", für einen nicht eingetragenen Verein ein Konto zu eröffnen oder ihm Kredit zu gewähren. Das liegt - wie ich bereits oben geschrieben habe - allein im Ermessen der jeweiligen Bank.

Ich habe eben mal spaßeshalber bei der Postbank nachgefragt. Antwort: Kein Problem, bringen Sie uns die Satzung und das Wahlprotokoll, das Konto wird dann auf den Namen des nicht eingetragenen Vereins eröffnet...


Zitat:Du schreibst: Zitat Anfang (Wolf):
Letzteres ist nicht mehr zutreffend. Der Bundesgerichtshof hat im Jahre 2007 entschieden, dass auch der nicht eingetragene Verein "aktiv parteifähig" ist.
Zitat Ende (Wolf)

Wo steht das geschrieben, wo ist das entschieden, welches Aktenzeichen hat es. Also weitere heiße Luft.
Lieber Dieter, nur weil etwas über Deinen Wissensstand hinausgeht, muss es nicht "heiße Luft" sein.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshof erging am 2. Juli 2007 und trägt das Aktenzeichen II ZR 111/05. In dem Urteil heißt es klipp und klar: "Der nicht rechtsfähige Verein ist aktiv parteifähig." Den Volltext findest Du unter Angabe des Aktenzeichens problemlos im Internet.

Ein im Internet vertretener Rechtsanwalt kommentiert das Urteil folgendermaßen:
"Der vorliegende Fall ist hervorzuheben, weil der BGH seine Rechtsprechung geändert hat. Nunmehr gilt, dass ein "nicht rechtsfähiger Verein" nicht nur rechtsfähig ist, wie es bereits einhellig Meinung war, sondern auch parteifähig ist und damit seine Rechte vor Gericht durchsetzen kann."

Eine ausführliche Besprechung des Urteils gibt es auch auf
http://www.zjs-online.com/dat/artikel/2008_3_64.pdf
Dort heißt es zu den Folgen, die sich aus dem Urteil ergeben, u.a.:
"Als Konsequenz müssen im Prozess nicht sämtliche Mitglieder des Vereins klagen und in der Klageschrift aufgeführt werden, sondern der Verein kann als solcher und vom Wechsel der Mitglieder unabhängig, vertreten durch seinen Vorstand, Klage erheben."


Zitat:Du schreibst: Zitat Anfang (Wolf)
Das heißt: Der nicht eingetragene Verein kann selbst Klage erheben, Mahnbescheide beantragen etc.

Vor Verwaltungsgerichten und Arbeitsgerichten konnte der nicht eingetragene Verein auch schon vorher als Kläger auftreten.

(Nebenbei: Der "nicht-e.V." ist auch "insolvenzfähig)

(...) Ein nicht eingetragener Verein konnte gem § 50 Abs. 2 ZPO schon seit jeher verklagt werden.

Zitat Ende (Wolf)

Beweise. Beweise und noch mal Beweise. Aber bitte nachvollziehbar und nicht irgendeine Quacksalberei.
Die Parteifähigkeit von nicht eingetragenen Vereinen in Verwaltungsgerichtsverfahren ergibt sich aus § 61 VwGo.

Die Parteifähigkeit nicht eingetragener Vereine vor Arbeitsgerichten beruht auf § 10 ArbGG und erstreckt sich in erster Linie auf nicht rechtsfähige Vereinigungen von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern.

Die "Insolvenzfähigkeit" von nicht eingetragenen Vereinen ergibt sich aus § 11 der Insolvenzordnung, der ausdrücklich besagt, dass ein nicht rechtsfähiger Verein bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens einer juristischen Person gleichsteht.

Dass ein nicht eingetragener Verein gemäß dem (von mir bereits genannten) § 50 Abs. 2 ZPO verklagt werden kann, ergibt sich logischerweise aus dem Wortlaut des besagten Paragrafen. Dieser lautet: "Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins." Diese Formulierung dürfte wohl klar genug sein.

Lieber Dieter, alles, was ich hier ausgeführt habe, ist gängige Rechtspraxis. Ich hatte es schon mal geschrieben: Es kommt nicht darauf an, was selbsternannte "Rechtsexperten" in Gesetzestexte hineininterpretieren, sondern darauf, wie das bestehende Recht in der täglichen Praxis angewendet wird.

Gruß
Wolf :-)
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